Wissenswertes
Informatives und Interaktives
Hier finden finden Sie Beiträge zu diversen Themen rund um die Kunst, und zwar aus zweierlei Perspektiven:
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Informatives: In eigenen Beiträgen stellen wir Ihnen nützliche oder wissenswerte Informationen aus eigener Sicht bereit. Die Kategorie beinhaltet Technisches, Kunsthistorisches, oder Anmerkungen zur Kunstszene / zum Kunstmarkt.
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Interaktives: Hier kommen unterschiedliche regionale und internationale Akteur:innen zu Wort, von denen wir denken, dass deren Perspektiven für Sie interessant sein könnten: In Gastbeiträgen und Interviews werden hier Künstler ebenso zu Wort kommen wie Sammler:innen, Galerist:innen, Kurator:innen und andere Museumsmenschen, Kunsthistoriker:innen, Restaurateur:innen oder Drucker:innen.
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Techniken der Druckgraphik Die Techniken, mittels derer Druckgraphiken entstehen, unterscheiden sich teils erheblich voneinenander. Gerade als Sammler oder (potenzieller) Käufer empfiehlt es sich deshalb, einen grundlegenden Überblick über existierende Techniken sowie deren Merkmale zu haben. Leider ist nämlich der Bereich Druckgraphik auch derjenige, in dem sowohl in der Online-Welt, aber auch offline, der Anteil an Fälschungen unter allen Bereichen am höchsten liegt. Gerade im Marktpreissegment zwischen 500 und 10'000 Euro liegen die Schätzungen, was den Fälschungsanteil angeht, bei bis zu 60 Prozent, und bei einzelnen bekannten Künstler:innen sogar noch deutlich darüber. Vielfältige fragwürdige Praktiken von dubiosen Online-Händlern existieren darüber hinaus; nicht immer ist dabei böser Wille im Spiel, aber nicht selten verfügen auch Galeristen, denen Sie womöglich vertrauen, selbst nicht über hinreichend Expertise, um Wert und Echtheit von Druckgraphiken zuverlässig beurteilen zu können. Wir möchten Transparenz schaffen, so dass Sie keinen Scharlatanen zum Opfer fallen. Deshalb haben wir hier ein kleines Kompendium für Sie erstellt, das die Grundzüge einzelner Drucktechniken sowie deren Merkmale und Charakteristika für Sie verständlich zusammenfasst.
Techniken der Druckgraphik Die Techniken, mittels derer Druckgraphiken entstehen, unterscheiden sich teils erheblich voneinenander. Gerade als Sammler oder (potenzieller) Käufer empfiehlt es sich deshalb, einen grundlegenden Überblick über existierende Techniken sowie deren Merkmale zu haben. Leider ist nämlich der Bereich Druckgraphik auch derjenige, in dem sowohl in der Online-Welt, aber auch offline, der Anteil an Fälschungen unter allen Bereichen am höchsten liegt. Gerade im Marktpreissegment zwischen 500 und 10'000 Euro liegen die Schätzungen, was den Fälschungsanteil angeht, bei bis zu 60 Prozent, und bei einzelnen bekannten Künstler:innen sogar noch deutlich darüber. Vielfältige fragwürdige Praktiken von dubiosen Online-Händlern existieren darüber hinaus; nicht immer ist dabei böser Wille im Spiel, aber nicht selten verfügen auch Galeristen, denen Sie womöglich vertrauen, selbst nicht über hinreichend Expertise, um Wert und Echtheit von Druckgraphiken zuverlässig beurteilen zu können. Wir möchten Transparenz schaffen, so dass Sie keinen Scharlatanen zum Opfer fallen. Deshalb haben wir hier ein kleines Kompendium für Sie erstellt, das die Grundzüge einzelner Drucktechniken sowie deren Merkmale und Charakteristika für Sie verständlich zusammenfasst.
Kunst kaufen – aber wie? Aus dem Nähkästchen: Acht Ratschläge, Warnungen, und Tipps - plus fünf Faustregeln 1. Seien Sie ein:e mündige:r Käufer:in! Leider ist der Kauf und Verkauf von Kunst nach wie vor ein Markt, der sich erheblich intransparenter als die meisten anderen Märkte darstellt. Beginnend bei der (unbegründeten!) Hemmschwelle, eine Galerie überhaupt zu betreten, über die Frage, wonach man sich, einmal eingetreten, dort wohl erkundigen sollte, bis hin zur Frage der fairen Preisfindung lauern zahllose Fallstricke, von denen sich etliche ganz gut umgehen lassen. Um als Kunde beim Verkäufer mündig auftreten zu können, ist es gut, grundlegend informiert zu sein. Zudem sollte man als Käufer in der Lage sein, zu überprüfen, ob das gewählte Werk auch tatsächlich das ist, was es zu sein vorgibt – was leider allzu oft nicht der Fall ist, und manches Mal gar nicht möglich ist. Wir hoffen, dass ein paar Gedanken und Erfahrungen, die wir hier teilen, Sie vor groben Fehlkäufen bewahren und es denjenigen Akteuren im Kunstmarkt, die bewusst unehrlich sind, ein kleines bisschen schwerer machen, Sie als Kunden hinters Licht zu führen. Kunst zu kaufen oder zu sammeln, ob in einer Galerie, auf einer Auktion, oder im Internet, erfordert in erster Linie Zeit – jedenfalls deutlich mehr Zeit als Geld. Dabei ist die Zeit, die Sie tatsächlich mit dem konkreten Kauf zubringen, die kleinste Investition. Davor steht als erster Schritt der Prozess, sich kundig zu machen und zunächst überhaupt erst zu identifizieren, was Ihnen wirklich gefällt, wofür Sie sich begeistern, oder worin Sie investieren möchten. Erst der zweite, oft ein wenig langwierigere und voraussetzungsvollere Schritt, besteht dann darin, zu prüfen, ob das Angebot, das Ihr Interesse geweckt hat, auch das ist, was es zu sein vorgibt. Und erst wenn Sie diesen zweiten Schritt getan haben, sollten Sie überhaupt auf den Preis schauen, zu dem Ihnen etwas angeboten wird, und überlegen, ob dieser Preis für Sie fair und angemessen erscheint – oder eben nicht. 2. Fakes und billige Nachdrucke: Ein überschwemmter Markt ​ Die schlechte Nachricht zuerst: Das Business der Kunstfälschungen blüht wie nie zuvor. Während dies schon immer ein Problem darstellte, hat die Verführung der industriellen Herstellung von Kunstfälschungen heute dramatische Züge angenommen. Bereits 1992 wurden in New York in den Geschäftsräumen der Firma mit dem schönen Namen „Original Artworks Ltd.“ (!) auf einen Schlag über 75.000 gefälschte Druckgraphiken von Chagall, Picasso, Miró und Dalà sichergestellt, die über ein Netzwerk von Händler:innen in ganz Europa und Nordamerika vertrieben wurden. Löpsinger, der Autor des Werkverzeichnisses von DalÃs Druckgraphiken, äußerte im selben Jahr: „Neunzig Prozent aller momentan auf dem Kunstmarkt zu findenden DalÃ-Graphiken sind gefälscht.“ Ernst Schöller vom Landeskriminalamt Baden-Württemberg und Jahrzehnte mit der Fahnung nach Kunstfälschungen betraut, schätzte schon vor 15 Jahren (2007) den Anteil von ge- und verfälschten Kunstgegenständen auf dem Markt generell auf „mindestens 30 Prozent“ – während er diesen Mindestanteil an Fälschungen im Bereich der Druckgraphik gar bei vierzig bis fünfzig Prozent sah. Fünfzehn Jahre danach müssen wir davon ausgehen, dass dieser Anteil gewachsen und nicht geschrumpft ist, zumal nach wie vor effektive Instrumente zur Eindämmung des Fälschertums fehlen bzw. nicht breit genug zum Einsatz kommen. Der Anteil gefälschter Druckgraphiken dürfte demnach in den frühen 2020er Jahren bei mindestens (!) ca. 50 - 60 Prozent liegen. Hinzu kommt, dass die Mehrzahl an Fälschungen nicht in der überall betriebenen, kleinen, lokalen Kunstproduktion von Kunstvereinen und regionalen Künstler:innen zustande kommt, sondern quasi ausschließlich im Teilbereich international bekannter Künstler:innen, deren Druckgraphiken häufig mehrere Tausend Euro wert sind. In speziell diesem Bereich müssen Sie also von vornherein davon ausgehen, dass weit über die Hälfte des auf dem Markt befindlichen Angebotes fakes sind. Wer möchte, kann jeden Tag ge- und verfälschte Werke betrachten, und keine:r, der oder die in diesem Markt agiert, ob als Händler:in, Auktionator:in, Käufer:in oder Galerist:in, wird guten Gewissens und mit Sicherheit von sich behaupten können, noch nie einer Fälschung aufgesessen zu sein. ​ Die zweite schlechte Nachricht: Von wenigen Ausnahmen abgesehen (etwa an der Uni Heidelberg) spielt in der Ausbildung von Kunsthistoriker:innen die Identifizierung von Fälschungen keine große Rolle – Kunsthistoriker sind also nicht per se gut darin geschult, solche zuverlässig zu erkennen. Zudem wird, wenn von „Kunstfälschung“ die Rede ist, fast immer nur über Fälschungen alter Meister oder von (Öl-)Gemälden gesprochen, sehr viel seltener aber über die Fälschungen dort, wo sie aus gutem Grund mit Abstand am häufigsten auftreten: Im Preissegment zwischen 1‘000 und 10‘000 Euro im Bereich der Druckgraphiken - und die Beschäftigung damit nimmt im Kunstgeschichte-Studium eben nur einen kleinen Raum ein. In diesem Bereich der Druckgraphiken aber sind die Preise günstig genug, dass Käufer wie Verkäufer fast nie eine wirklich eingehende gutachterliche Prüfung anstrengen, weil die Kosten dafür im keinem Verhältnis zum Wert des Kunstwerkes selbst stehen und diesen bisweilen gar übersteigen würden. Zweitens sind gute Reproduktionen oft so gut, dass sie selbst einschlägige Experte:innen aufs Glatteis führen können. Aus all diesen Gründen ist es nach wie vor die praktische Erfahrung, die die entscheidende Rolle bei der Trennung von echt und falsch spielt. Im Folgenden sprechen wir einige der Fallstricke an, die Sie beim Kunstkauf beachten sollten. ​ ​ 3. Kunst kaufen im Internet Das Internet wartet mit ebenso zahllosen wie sinnlosen Angeboten auf, die nur auf den ersten Blick als Schnäppchen erscheinen, sich aber bei genauerer Betrachtung als Fehlinvestition herausstellen. Viele Verkäufer sind erfahren darin, wie sie Sprache und Ausdrücke verwenden müssen, um für einen Verkauf unter Vorspiegelung falscher Tatsachen rechtlich nicht belangt werden zu können, mit denen sie aber die fehlende Originalität ihrer Ware irreführend anpreisen können: „Seltene Gelegenheit! Originale Lithographie von Dali, streng begrenzte Auflage“ ist etwa zu lesen, und am Ende stellt sich das erworbene Produkt als billiger Nachdruck heraus – das vermeintliche Schnäppchen ist kaum mehr wert als das Papier, auf dem es gedruckt wurde. Während es zwar richtig ist, dass selbst über Plattformen wie Etsy oder Ebay manchmal wertvolle Originale angeboten werden, so sollten Sie sich von der Vorstellung verabschieden, dass dort unwissende Enkel den echten Picasso vom Dachboden des verstorbenen Großvaters für einige Hundert Euro anbieten. „Scheunenfunde“ wertvoller Kunst gibt es zwar, wie ein 2023 in einem Schuppen entdecktes, mit Vogelkot überzogenes Gemälde von Vermeer bezeugt – aber sie sind einerseits extrem selten und werden zweitens nicht über Ebay angeboten. Sie werden auf derlei Plattformen weder Schnäppchenkäufe machen, noch werden seriöse Anbieter originale Kunstwerke dort verscherbeln. Wenn sie vermeintlich eine Original-Zeichnung von Paul Klee mit dem Werbetext „Bleistiftzeichnung auf Papier Original der 30-er Jahre“ kaufen, dann ist die Formulierung des Anbieters womöglich sogar rechtlich haltbar: Das Original stammt tatsächlich aus den 1930er Jahren, und Sie erhalten womöglich eine Bleistiftzeichnung (nur eben nicht von Paul Klee aus den 1930er Jahren), oder aber Sie erhalten ein Bild von einer Bleistiftzeichnung von Paul Klee... Die US-amerikanische Fälschungsexpertin Colette Loll hatte für Ebay eine Anti-Betrugsinitiative entwickelt und kam 2017 zu dem Ergebnis, „dass zwei Drittel der gelisteten Kunstangebote (…) nicht mit den eigenen Verkaufsrichtlinien von Ebay übereinstimmen“. Deshalb gilt als Faustregel: Finger weg vom Kunstkauf vermeintlich originaler Werke auf Ebay und Co! Doch nicht nur auf Ebay finden sich massenhaft Fälschungen, auch andere Auktionen, die teils auf spezialisierteren, aber leicht zugänglichen Plattformen wie Catawiki abgehalten werden, sind insbesondere im Sekundärhandel hiervon leider ebenfalls erheblich betroffen. Während Catawiki zwar "Experten" beschäftigt, so sind diese von sehr unterschiedlicher Qualität. Die jeweiligen Auktionen aber können nicht besser als die oder der kuratierende Exptert:in selbst sein. Auch die Schätzpreise, die hier von "Experten" angegeben werden, haben wie auf anderen online-Auktionsplattformen oft ebensowenig mit der Realität zu tun, wie die angebotene Ware mit dem zu tun hat, was sie vorgibt zu sein. Tim Carpenter, special agent im „Art Crime Team“ des FBI, sagt über Fälschungen: „Früher musste man einen Weg finden, sie auf den Markt zu bringen, aber der Online-Handel hat das Spiel komplett verändert.“ Es sind nach seinen Angaben Roy Liechtenstein und Andy Warhol, neben Pablo Picasso, Gerhard Richter, Joan Miró, Henri Matisse, Marc Chagall sowie Salvador DalÃ, deren Druckgraphiken am häufigsten gefälscht werden. Ebenfalls schwierig erscheint der Weg über Online-Auktionen, bei denen Auktionshäuser oft nur ein einziges, manchmal nicht einmal besonders hoch auflösendes, Foto eines Loses in ihren online-Katalog einstellen. Zwar kann man in der Regel Zustandsberichte der angebotenen Werke anfordern, oder zusätzliche Fragen stellen, aber sehr viele auch renommierte Auktionshäuser weisen „im Kleingedruckten“ explizit darauf hin, dass erteilte Informationen nicht rechtsverbindlich gültig sind, sondern lediglich allgemeine Auskünfte darstellen, die den Bieter nicht von seinem Risiko entbinden, da er sich im Nachhinein darauf nicht berufen könne. So brauchte die New Yorker Händlerin Susan Sheehan 2020 über ein halbes Jahr inklusive Rechtsstreit, um die 100.000 Dollar zurück zu erhalten, die sie einem großen deutschen Auktionshaus für zwei angeblich von Warhol stammende Drucke bezahlt hatte, die sich jedoch als falsch erwiesen hatten. (Sie war stutzig geworden angesichts der Struktur des Papiers, und hatte die Drucke zwei renommierten New Yorker Auktionshäusern vorgelegt, die sie beide als Fälschungen erkannten). ​ Wohlgemerkt: All dies ist nicht als Plädoyer zu verstehen, Kunst nicht über das Internet zu kaufen. Doch es ist eine Mahnung zur Vorsicht bei der Nutzung Plattformen, deren "Experten" sie nicht kennen, vor Käufen ohne hinreichendes Anschauungsmaterial oder Zustandsberichte, vor Auktions-Standorten, an denen andere als die Ihnen bekannnten Regeln gelten mögen, und damit sind die zeit- und kostenintensiven Fragen von womöglich internationalen Steuern, Transport und Zoll, Transportversicherungen, Haftungsfragen im Schadensfall, und anderes mehr noch gar nicht berührt. Es bedarf insofern doch einiger Erfahrung und Kenntnis von Preisen und Werken, um beim Kunstkauf im Internet nicht schon beim Kauf selbst teure Fehler zu begehen, und bis das erworbene Werk dann tatsächlich bei einem Zuhause ankommt, existieren weitere Fallen. (All dies sind natürlich auch Kosten, die Ihr Händler real bezahlt hat und Aufwand, den er bereits betrieben hat, bevor er Ihnen ein Werk anbieten kann, und die ebenfalls mit bedacht werden sollten, wenn Ihnen ein Preis womöglich hoch vorkommt). 4. Kunst offline kaufen Kauf in Galerien Wenn Kunstkauf im Internet, wie oben dargelegt, also mit solch großen Risiken behaftet ist, sollte ich dann besser in die Galerie meines Vertrauens gehen und dort kaufen? Leider ist es nicht ganz so einfach. Anders als im Handwerk, wo ein Meisterbetrieb auch garantiert, dass der Meister entsprechend ausgebildet ist und auch befähigt ist, selbst auszubilden, kann im Kunsthandel jede und jeder eine Galerie eröffnen, und zwar ohne jede Voraussetzung. Das ist einerseits für viele eine Chance, Ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen, andererseits aber auch ein Einfallstor für Halbwissen und Unwissenheit, von Menschen, die den guten Glauben von Käufern bewusst auszunutzen versuchen ganz zu schweigen. Mehr noch als im Internet ist man im persönlichen Verkaufsgespräch abhängig vom eigenen Wissen, denn gute Verkäufer sind nicht automatisch auch qualifizierte Galeristen. Wer jenseits von Deko-Artikeln und Modetrends Kunst kaufen möchte und dabei halbwegs sichergehen möchte, dass das erstandene Kunstwerk das bezahlte Geld auch übermorgen noch wert ist, sollte sich ebenso kundig machen wie die Käuferin im Internet. Ich selbst mache oft die Erfahrung, dass in Galerien – in unterschiedlichen Städten Deutschlands und des Auslands – Werke der Klassischen Moderne zum Kauf angeboten werden, die schlichtweg falsch deklariert sind. Ein Offsetdruck wird als Lithographie angeboten, die Veröffentlichung wird falsch benannt, manchmal auch mit dem falschen Entstehungsjahr, oder es wird sogar der falsche Künstler genannt. Dahinter steckt seltener eine böse Absicht oder bewusste Täuschung des Kunden, sondern mangelnde Expertise der Galeristin oder des Galeristen. Natürlich liegen Galerist:innen bei lebenden und aktuell en vogue befindlichen Künstler:innen oft richtig. In den 2010er Jahren etwa bot gefühlt nahezu jede deutsche Galerie Drucke der Zeichnungen und Aquarelle von primär aus anderen Bereichen prominenten Darstellern wie Otto Waalckes, Udo Lindenberg oder Helge Schneider an. Dies sind Modeerscheinungen, zu denen man stehen mag wie man will. Wenn einem die zwei bis dreitausend Euro, die für den Druck bspw. einer Zeichnung nach Udo Lindenberg verlangt werden, aber nicht aus der Kaffeekasse entgegen springen, dann würde eine dauerhafte Wertanlage womöglich doch auch Alternativen kennen. Andererseits wiederum: Wenn ich ein lustiges Motiv finde und mich daran freue, dann bin ich womöglich auch bereit, einen höheren Preis zu bezahlen, auch wenn das erstandene Kunstwerk womöglich in wenigen Jahren nur noch einen Bruchteil dessen Wert sein mag, was ich dafür ausgegeben habe – vielleicht ist mir das ja ganz egal, weil ich mich eben jetzt an einem Kunstwerk freuen möchte, und mich dessen Wert nach meinem Ableben herzlich wenig interessiert. Die Galeristin jedenfalls macht mit gut gängigen Motiven bekannter Urheber:innen nichts falsch. Hier stellt sich auch nicht so sehr die Frage der Echtheit, denn die gängigen Motive sind bekannt, die Auflagenhöhe leicht nachvollziehbar und der Vertrieb geregelt. Schwieriger wird es dann allerdings bei Künstler:innen, deren Leben schon einige Zeit zurück liegt. Möchten Sie eine Druckgraphik von Miró oder Dalà erstehen, so werden schon deutlich weniger Galerien solche Angebote dauerhaft führen, und das hat gute Gründe. Eine mir bekannte Galeristin hatte einst eine Veranstaltung für Ihre Kunden organisiert, zu der sie einen Fälschungsexperten des Landeskriminalamtes ihres Bundesstaates eingeladen hatte. Nach dessen Ausführungen zur Fälschungspraxis im Bereich Druckgraphiken kam sie zu dem Schluss: „Ehrlich gesagt: Ich hätte all diese Fälschungen selbst nie erkannt. Ich habe danach aufgehört, bekannte Künstler der klassischen Moderne anzubieten. Wenn jemand zu mir kommt mit einem DalÃ, dann frage ich: ‚Wieviel haben Sie dafür bezahlt?‘, und wenn das Bild dem Kunden gefällt, dann ist es ja egal ob er eine Fälschung oder ein Original an der Wand hängen hat, und wenn er es wünscht, dann rahme ich ihm die Fälschung auch, aber ich biete solche Graphiken nicht mehr an; ich kann die Fälschungen nicht sicher genug erkennen.“ Man sollte den Hut ziehen vor solcher Ehrlichkeit. Ein anderer, auf Druckgraphiken spezialisierter Galerist, sagt mir: „Ich sage meinen Kunden immer: Lasst die Finger von Picasso, denn über 90 Prozent ‚seiner‘ Graphiken sind gefälscht“. In der Tat sind von Picassos Druckgraphiken – und dasselbe gilt noch mehr für Salvador Dalà – deutlich (teils ein Vielfaches) mehr im Umlauf, als diese Künstler überhaupt je geschaffen haben. „Gute Reproduktionen“, sagt der auf Picasso und Edvard Munch spezialisierte Kunsthändler John Szoke, „können auch Experten hinters Licht führen. Fälschungen zu entlarven ist nicht einfach. Es ist die Farbe des Papiers, die Qualität des Drucks, sein Zustand – all das vergleicht man mit dem Original, und dann braucht es Jahre um Jahre an Erfahrung.“ Szoke weist auch auf das Problem hin, dass Picasso zwar weit über 2000 Druckgraphiken anfertigte, doch längst nicht alle signierte. So sind tausende von (falschen und echten) „Picasso“-Graphiken im Umlauf, die mit einer falschen Signatur versehen sind. Von Dalà dagegen ist auch unter Laien hinlänglich bekannt, dass er selbst blanko Blätter zig-hundertfach signierte und verkaufte – seine Signatur allein reichte, um daraus ein Geschäft zu machen. Was auf solche Blätter im Nachhinein gemalt oder gedruckt wurde, kann niemand wissen. Leider sind nicht alle Galeristen so ehrlich, zuzugeben, dass sie hier an die Grenzen ihrer eigenen Expertise kommen. Deshalb empfiehlt es sich beim Kauf insbesondere von Druckgraphiken, sich mit ihrer Galeristin darüber zu unterhalten, in welchen Feldern sie tatsächlich über Expertise verfügt, und in welchen dies womöglich nicht hinreichend der Fall sein mag. „Fliegende Händler“ Manche Kunstverkäufer reisen mit stets demselben Bestand an – großteils falschen oder falsch/irreführend deklarierten Werke durch die Lande. Sie mieten dann Räumlichkeiten mit ansprechendem Ambiente wie Schlösser oder leerstehende Luxusvillen an, in denen sie ihren Bestand präsentieren und zu völlig überhöhten Preisen an ihre Zielgruppe, eine wohlhabende, aber naive Klientel, zu verkaufen suchen. Anders als der Basler Händler, der über die Jahre fast 4000 Kunstdrucke, oft aus Bildbänden herausgetrennte Seiten oder ausgeschnittene Bilder, mit den Unterschriften weltbekannter Künstler:innen versehen und als Originale verkauft hatte, haben solche „fliegenden Händler“ häufig einige tatsächlich echte Originale in ihrem Fundus, die dann bei Präsentationen den edlen Rahmen abgeben für die fakes und den Ramsch, der dazwischen gruppiert wird. Sollte sich ein Kunde dennoch für eines der wenigen Originale interessieren, so verlangen diese Händler Phantasiepreise. Gehen Sie solchen Betrügern nicht auf den Leim, sondern meiden Sie am besten solche Verkaufs-Veranstaltungen, die sich nur unwesentlich von denen früherer Kaffeefahrten unterscheiden, bei denen man auch Heizdecken und Messersets kaufen sollte! Kunstkauf über Auktionshäuser Der legendäre Fälscher Eric Hebborn bezeichnete schon 1997 Auktionshäuser als „absolute Spezialisten im Verkauf von Fälschungen“. Diese Meinung ist sicher zu extrem, aber Ähnliches wie für manche Galerien gilt auch für Auktionshäuser: Dort ist es oft bereits die schiere Masse der umgesetzten Gegenstände, die eine eingehendere Untersuchung jedes einzelnen eingelieferten Artikels verunmöglicht. Hubertus Butin nennt in seinem Buch „Kunstfälschung“ vier "systemische Gründe", weshalb insbesondere Auktionshäuser eine wichtige Rolle dabei spielen, dass Fälschungen vermehrt in Umlauf kommen: Erstens, so Butin, führe die Entlarvung einer Fälschung aus unterschiedlichen Gründen zu selten zu einer Anzeige, so dass der Versuch eines Einlieferers, eine Fälschung zum Verkauf zu bringen, meist ungestraft bleibt. Zweitens bedingt die große Konkurrenzsituation der Wirtschaftsunternehmen auf dem Markt einen Zeitdruck, der zu oben angesprochener mangelnden Prüfung führt. Es gibt keine Regeln, die den Umfang festlegen würden, in dem ein:e Auktionator:in zur Prüfung eingelieferter Werke verpflichtet ist, doch nach gängiger wird die Prüfung umso umfangreicher ausfallen, je höher der Schätzpreis des Werkes ist. Gerade bei relativ günstigen Druckgraphiken mit einem Marktpreis von unter 10.000 Euro erfolgt jedoch allzu häufig entweder gar keine Prüfung oder der Auktionator sagt Interessent:innen direkt, das Werk sei "not examined outside the frame" (nicht in ausgerahmtem Zustand untersucht) worden. Drittens liege ein „systembedingtes Problem in dem manchmal begrenzten Fachwissen und in der mangelnden Erfahrung mancher Mitarbeiter der Auktionshäuser“; und viertens schließlich sei es der „äußerst weit gehende Selbstschutz der Auktionshäuser, der den Käufern zum Nachteil und den Fälschern zum Vorteil gereicht“: Anders als beim Galeristen, der für seine Verkäufe haftet, ist das Auktionshaus nur die Mittlerin, während rechtlich betrachtet als Verkäufer hier der Einlieferer ist. „Dieser besondere Status von Versteigerern ermöglicht ihnen, in ihre Verträge legale Klauseln einzubauen, die sie vor möglichen Ansprüchen der Käufer schützen.(…) Das Risiko wird weitgehend auf den Käufer abgewälzt“ (Butin 2020: 179f.) Insofern bieten zwar insbesondere große und global renommierte Auktionshäuser einerseits einen gewissen Schutz aufgrund ihrer Sorgfaltspflicht, aber ähnlich wie bei Kunstfehlern von Mediziner:innen wird der Auktionator in der Regel nicht für Schaden haften, der dem Kunden entstanden ist. „In den letzten Jahren haben wir hunderte von Fälschungen konfisziert, von denen Fälscher und Händler behaupteten, sie stammten von Lichtenstein, Georg Baselitz, Picasso und anderen; sie kamen aus Italien, Spanien und Portugal“, sagt Elena Spahic von der Kripo München, und nicht wenige davon tauchen auf Auktionen auf. 5. Was also tun? Wie kann man Scharlatanerie oder Unwissenheit umgehen? Nun, die erste Lösung ist, dass Sie selbst sich die notwendige Expertise aneignen, um echt von unecht zu unterscheiden. Dies erfordert Zeit, und viele Sammler -auch solche, die größere Summen investieren- sind nicht bereit oder in der Lage, das Notwendige an Zeit aufzuwenden. Die zweite Lösung wäre, dass Sie Werke nur direkt von Künstler:innen direkt ab Atelier kaufen, wodurch Sie die Garantie haben, dass auch tatsächlich diejenige Künstlerin das Werk geschaffen hat, von der Sie es erstehen. Diese Möglichkeit scheidet aber aus, wenn Sie sich für Kunst interessieren, deren Erschaffer bereits verstorben sind. In diesem Fall bleibt immer noch der Weg über eine:n Kunstberater:in oder Händler:in, oder aber über eine:n Galerist:in oder Kurator:in, der oder dem Sie wirklich vertrauen können, und solche gibt es durchaus. Außerdem können Sie auch den Weg über unabhängige Gutachter:innen gehen, deren Expertise allerdings oft erst im Nachhinein verfügbar ist. ​ ​ 6. Kriterien der Echtheitsbeurteilung Für diesen Personenkreis der Gutachter:innen ist erstens der Zugang zu entsprechenden Werkverzeichnissen der Künstler:innen essenziell: Zwar ist es richtig, dass Werkverzeichnisse oft nicht vollständig sind, doch wenn ein Kunstwerk nicht im Werkverzeichnis des Künstlers aufgeführt ist, so mindert dies in jedem Fall seinen Wert. Zweitens geht es um eine möglichst zweifelsfreie Herkunft des betreffenden Kunstwerks. Nicht ohne Grund ist die Provenienzforschung ein ganz eigenständiger Forschungszweig, der zwar häufig in den Medien erscheint, dort aber fast immer in Zusammenhang mit Raubkunst und Fragen der Restitution. Doch auch jenseits von Kunst, die von Kolonialherren oder im Dritten Reich geraubt wurde, spielt die Frage der Herkunft eine nicht zu unterschätzende Rolle. Bei Druckgraphiken, von denen per definitionem mehrere Exemplare existieren, wird dies eher selten lückenlos bis zum Atelier der Künstlerin oder bis zur Druckerei möglich sein. Daher muss man sich hier oftmals mit der Prüfung der Plausibilität der Herkunft auf den letzten Stationen vor Kauf begnügen, die aber bereits gute Indizien für die Echtheit beinhalten können. Bei teuren Gemälden besteht die Schwierigkeit für Fälscher oft darin, eine glaubwürdige „Legende“ für ihre Fälschung zu erfinden, die gut genug sein muss, um auch Kenner hinters Licht zu führen. Dennoch gibt es immer wieder Fälle, in denen zweifelhafte Verkäufe getätigt werden, die natürlich bei wertvollsten Gemälden große Medienaufmerksamkeit erfahren. Den teuersten Bilderverkauf aller Zeiten stellt nach wie vor der vorgeblich von Leonardo da Vinci stammende, nach neueren Erkenntnissen aber eher seiner Schule zuzurechnende und jedenfalls nicht zu 100 Prozent aus seiner Hand stammende „Salvator Mundi“ dar, der 2017 bei Christie’s versteigert wurde, nachdem das Auktionshaus im Vorfeld eine nie da gewesene Werbekampagne aufgelegt hatte. Trotz Zweifeln an der Authentizität wurde das Bild in London für über 450 Mio. Dollar an den saudischen Kronprinzen Mohammed Bin Salman verkauft. Es wurde erst im Zuge der Vorbereitungen auf eine große Leonardo-Ausstellung zum 500-jährigen Todestag des Künstlers im Louvre, wofür es als Leihgabe geplant war, eingehend wissenschaftlich untersucht. Nach dieser Untersuchung wurde die Leihgabe zurückgezogen, weil der Louvre die Bedingungen des Leihgebers nicht erfüllen wollte (hundertprozentige Authentizitätserklärung und Präsentation gemeinsam mit der Mona Lisa). Der Louvre schien vorsichtig an die Echtheit des Gemäldes zu glauben, ließ sich jedoch nicht zu einer völlig eindeutigen Festlegung hinreißen, sondern kam in einem Buch über seine Untersuchung zu dem Schluss, diese Untersuchungen „scheinen uns gezeigt zu haben, dass die Arbeit von Leonardo ausgeführt wurde“. Die bereits gedruckten Bücher wurden jedoch wieder vernichtet und die Veröffentlichung gestoppt, da die Leihgabe nicht zustande kam. Dagegen wurde der wohl berühmteste Fälscher der letzten Jahrzehnte, Wolfgang Beltracchi, 2010 ganz eindeutig überführt, weil er in einem angeblich von Heinrich Campendonck stammenden Werk, das er gefälscht (und auch mit einer schlecht gefälschten Herkunftslegende ausgestattet) hatte, Titandioxid verwendet hatte, welches als Titanweiß in den späten 1930er Jahren auf den Markt kam. Die chemische Analyse stellte dies eindeutig fest. Das Auktionshaus Lempertz dagegen hatte das Gemälde mit einem Entstehungsjahr von 1914 angeboten, als Titanweiß noch gar nicht existierte – Pech für den Fälscher, und auch für das Auktionshaus Lempertz, dem dieser Lapsus unterlief, obwohl es bereits vor dem Verkauf etliche weitere Hinweise auf eine Fälschung gegeben hatte. Wie bei großen Ölgemälden ist neben der plausiblen Herkunft auch bei Arbeiten auf Papier wie Aquarellen, Gouachen, oder Zeichnungen nicht nur das Motiv und die Signatur des Künstlers oder der Künstlerin entscheidend bei der Beurteilung der Echtheit, sondern auch das Trägermaterial, die Größe, die Papiersorte und -güte/-schwere, der Zustand, sowie die stilistische Ausführung. Ein Problem besonders bei Zeichungen besteht darin, dass gerade kleinere Skizzen nicht selten Vorüberlegungen des Künstlers zu späteren Werken darstellen, und nicht immer in Werkverzeichnissen auftauchen. Hier ist es dann die Untersuchung des Werkes selbst (sowie, falls bekannt, die Plausibilität seiner Herkunft), die ausschlaggebend für die Beurteilung der Echtheit wird. 7. Echtheitsbeurteilung bei Druckgraphiken Selbst schauen! Wie die obigen Anekdoten zeigen, ist eine hundertprozentige Echtheitsgarantie quasi nur dann gegeben, wenn man ein Werk direkt aus der Hand der Künstlerin erhält. Gerade der Bereich der Druckgraphiken beinhaltet aufgrund der Tatsache, dass die Provenienz einzelner Blätter einer Auflage durchschnittlich deutlich weniger gut dokumentiert ist als das bei Gemälden der Fall ist, einige besondere Fallstricke. Gleichzeitig bietet der Bereich Druckgraphik aber auch einige Möglichkeiten der Identifizierung von echten Graphiken, da unterschiedliche drucktechnische Herstellungsverfahren am Werk selbst unterschiedliche und teils eindeutige, charakteristische Merkmale hinterlassen. Nehmen Sie Werke, die Ihnen angeboten werden, also in Augenschein. Die Signatur, bei Druckgraphiken und anderswo Manche Künstler haben – besonders bei Lithographien – die namentliche Kennzeichnung ihres Werkes bereits in der Druckplatte oder auf dem Stein vorgenommen. Dies ist jedoch ein wenig aufschlussreiches Detail, wenn es um die Echtheit geht, denn bei jeder Reproduktion wird natürlich auch die bereits im Motiv selbst befindliche Signatur wieder mit reproduziert. Die meisten Künstler signieren deshalb zumindest den offiziellen Teil einer Auflage von Hand. Wenn die Signatur echt ist, dann steigert dies den Wert eines Druckes. Doch es gibt auch zahlreiche originale Druckgraphiken, die nicht signiert sind. Das sind beispielsweise Probedrucke eines vor-fertigen Zustandes, so genannte „Suiten“ oder „Künstlerbücher“, bei der die Künstlerin in der Regel nur einmal das Gesamtexemplar einer Sammlung von Graphiken vorne im Umschlag signiert hat (etwa Max Beckmanns „Stadtnacht“), oder bei originalen Druckgraphiken, die einzelnen Werken wie bspw. zu Lebzeiten erstellten Bänden von Werkverzeichnissen beigegeben wurden und teils extra für diese Anlässe geschaffen wurden (etwa Chagall oder Miró). Daneben gab es im 20. Jahrhundert renommierte Kunstzeitschriften wie „Derrière le Miroir“, „Verve“ oder „Le XX Siècle“, die häufig (unsignierte) Originallithographien, -siebdrucke oder andere Originalgraphiken enthielten. Einzelne begehrte Exemplare solcher Zeitschriften werden deshalb für mehrere Tausend Euro gehandelt. So haben auch unsignierte Exemplare von Druckgraphiken oft einen erheblichen Wert, doch eine eindeutige Identifizierung der Echtheit ist hierbei essenziell. Bei handsignierten Graphiken kommt es vor, dass Spaßvögel oder Fälscher versuchen, die Signatur bekannter Künstler:innen zu kopieren. Häufig scheint dies auch gar nicht sooo schwierig, andererseits ist auch die Erkennung einer gefälschten Signatur häufig nicht allzu schwierig. Doch manches Auktionshaus, manche Galerie oder Internetplattform achtet zu wenig auf offenkundig gefälschte Signaturen, wozu es einer gewissen Kenntnis bedarf, da Künstler:innen im Laufe ihres Lebens oft auch ihre Signatur mehrfach ändern. Deshalb gibt es spezielle Datenbanken, in denen man die Signaturen von Künstler:innen nachschlagen kann. "Echtheitszertifikate"? Drittens sind auch Gutachten von unabhängigen Kunsthistoriker:innen und öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen ein guter Ausweis für die Echtheit eines Werkes – solche Gutachten besagen immerhin, dass das entsprechende Werk mindestens dieses eine Mal von einer Expertin in Augenschein genommen wurde und auf seine Echtheit hin geprüft worden ist – im Idealfall von einer Gutachterin, die keine eigenen wirtschaftlichen Interessen an dem betreffenden Werk hat. Allerdings muss diese Bemerkung stark eingeschränkt werden: Leider hat sich inzwischen, insbesondere in den USA, eine (Un-)Kultur der Zertifizierung etabliert, die mehr als nur bedenklich ist. So genannte Echtheits-Zertifikate sind heute für nahezu jede billige Kopie eines originalen Kunstwerkes einfach herzustellen und zu erhalten. So genannte „Experten“ stellen leider viel zu häufig Echtheitsbescheinigungen für noch die schlechtesten Fälschungen oder Nachdrucke aus, so dass der Wald an Zertifikaten nur für tatsächliche Experten durchdringbar ist – und die würden sehr wahrscheinlich Abstand nehmen von Verkäufern, die eine Echtheitsbestätigung stark anpreisen. Letztlich haben Sie von der vermeintlichen „Expertise“ irgendeines anonymen „Gutachters“ in Spanien, den weder Sie noch sonst jemand kennt, und der Mitglied in einem wohlklingenden, aber nicht existierenden Fachverband sein mag, überhaupt nichts – außer einen Grund zur Skepsis. Oftmals stellen auch Galerien solche Zertifikate aus, denen allerdings meist nicht viel mehr Glauben geschenkt werden sollte als den oben angeführten Bestätigungen vermeintlicher, aber käuflicher „Experten“. Hier ist es jedoch in aller Regel nicht böser Wille, der zu unsicheren Aussagen verleitet. Vielmehr möchte verständlicherweise jeder Akteur im Kunstmarkt glauben, dass alle in seinem/ihrem Bestand befindlichen Werke echt seien, während die vielen Fälschungen nur außerhalb der eigenen vier Galeriewände vorkommen. Ergo stellen insbesondere kleinere Galerien häufig Echtheitszertifikate in gutem Glauben aus, die aber nicht viel mehr als eine gute Hoffnung ausdrücken. Kein seriöser Händler wird behaupten, ihm oder ihr seien noch keine Fälschungen untergekommen. Anders verhält es sich teilweise mit international renommierten Galerien. Nicht nur haben solche Player die Möglichkeit, eigene Experten zu beschäftigen oder externe Experten zu beauftragen, sondern sie leben maßgeblich von ihrem hervorragenden internationalen Ruf. Dieser stünde auf dem Spiel, wenn sich herausstellen würde, dass sie falsche Zertifikate ausgestellt hätten. Solche Galerien stellen aber in den seltensten Fällen „Echtheitszertifikate“ aus, sondern lediglich eine Bescheinigung über das erworbene Werk samt dessen Daten, also Entstehungsjahr, Maße, Künstler, Technik, etc. Um nun aber zu wissen, welchen Galerie-Zertifikaten Sie Glauben schenken sollten und welche Sie getrost ignorieren können, würde erfordern, dass Sie sich in der Landschaft der Akteure auf dem internationalen Kunstmarkt gut auskennen – was nur selten der Fall sein dürfte. Wird ihnen etwa eine Graphik von Liechtenstein mit angeblichem Echtheits-Zertifikat angeboten, so ist das gefälscht, denn es wurden für seine Drucke niemals Zertifikate ausgestellt, während etwa „Pest-Control“, die einzige Authentifizierungsstelle für alle Werke von Banksy, durchaus Authentizitätsbescheinigungen für dessen Werke ausstellt. Vorbesitzer und Ausstellungen: „Das habe ich von Sammler X gekauft“ ; „Mein Bild war von Museum Y ausgestellt“ Bekannte und renommierte Vorbesitzer und Sammler, Ausstellungen in bekannten Museen, in denen Ihr Kunstwerk in der Vergangenheit der Öffentlichkeit präsentiert wurde, oder der Verkauf über erstrangige Auktionshäuser wie Christie’s, Bonhams oder Sotheby’s bieten trotz aller Skandalgeschichten insgesamt einen gewissen Schutz vor dem Erwerb von Fälschungen. Zwar gibt es auch hier teils haarsträubende Fehlurteile von Experten auch der berühmtesten Auktionshäuser; zudem sollte man bedenken, dass das oberste Ziel aller Auktionshäuser und Galerien ist, einmal angenommene Ware auch zu möglichst hohem Preis wieder zu verkaufen, denn davon leben diese Akteure. Doch in den meisten Fällen liegen die prüfenden Experten solcher großen Häuser ebenso richtig wie die Kurator:innen bekannter Museen. Die Fälle von Fehlurteilen müssen der enormen Zahl von Verkäufen gegenübergestellt werden, die über solche erstklassigen Auktionshäuser abgewickelt werden. In der Regel werden große Auktionshäuser und international führende Galerien wertvolle Werke vor dem Verkauf (und nicht erst im Nachhinein, wenn eine Kundin sich beschwert) auf Echtheit prüfen. Auch hierbei gilt aber: Die Beurteilung der Echtheit eines Kunstwerkes ist immer ein Gesamturteil, in welchem solche Informationen stets nur einzelne Bausteine und Hinweise sein können, nicht aber eine Garantie. 8. Preisfindung: Wieviel für Kunst bezahlen? a) Der Primärmarkt ​ Sie haben das Werk Ihrer Wahl gefunden und Ihre Auswahl getroffen, aber wie viel wäre ein angemessener Preis dafür? Schließlich möchten Sie nicht abgezockt werden, und Preisfindung für Kunst erscheint oft alles andere als nachvollziehbar. Sie mögen finden, dass drei eher an Kindergarten als an Louvre anmutende Kleckse (oder wahlweise: einhunderttausend Pixel) für Dutzende Millionen Euro oder Dollar verkauft, während für manch technisch meisterlich ausgeführtes und aufwendig gearbeitetes Bild kaum der Preis von Farbe und Leinwand erzielt wird. Das ist tatsächlich so und braucht nicht durch ausgefeilte rhetorische Verschleierung in Abrede gestellt werden. Dennoch gibt es Unterschiede hinsichtlich der Frage, woher bspw. die Kleckse eines Joan Miró oder Ihres Jüngsten kommen, auch wenn sie sich durchaus ähnlichsehen mögen. Nicht zuletzt könnte genau dieser Umstand gerade bei diesem Beispiel gerade beabsichtigt sein (von Miró, weniger von Ihrem Jüngsten), denn Miró hatte ganz explizit und ausführlich gerade die Hauswand-„Malereien“ von Kindern aus seiner Jugend aus Kreide ebenso wie die Malerei von damals „primitiven Völkern“ genannten Kulturen als auch die steinzeitlichen Höhlenmalereien, die gerade in Spanien (Altamira) und Südwestfrankreich (Lascaux) prominent vorkommen, studiert um zu lernen, worin die gemeinsame Essenz künstlerischen Ausdrucks bestünde, und selbst entsprechend viel damit experimentiert. Kurzum: Klecks ist nicht gleich Klecks. Aber woher weiß ich, ob ein Preis angemessen ist? Auf dem Primärmarkt (dort, wo ein Werk erstmals durch eine Galerie oder eine:n Künstler:in angeboten wird und die erste Preisfestlegung erfolgt), gibt es dafür einige hilfreiche Stützen, aber kein festes Gesetz. Sicher haben Sie schon einmal gehört, dass für weniger bekannte Künstler:innen der Gegenwart bei Bildern gerne die Formel „(Breite + Höhe) x Künstlerfaktor = Preis“ angewandt wird, und in der Tat orientieren sich auch viele Galerist:innen und Künstler:innen selbst daran. Umgekehrt können aber auch Sie diese Gleichung nutzen, um grob zu überschlagen, welchen Künstlerfaktor Ihr:e Händler:in oder Künstler:in bei der Preisbildung angelegt haben mag. Rechnen Sie also bei angebotenen Werken kurz nach, ob der von der Galerie bzw. der Künstler:in zugrunde gelegte Faktor grob angemessen ist. Dennoch beinhaltet die Festlegung dieses Faktors auch höchst subjektive Elemente; häufig werden gerade junge und unerfahrene Künstler:innen für sich selbst einen höheren Faktor anlegen wollen als Galeristen oder Auktionshäuser, die jedoch manchmal den dann zu teuren Preis an die Kundin weiterzureichen suchen. Kriterien, nach denen sich der Künstlerfaktor bemisst, sind u.a.: abgeschlossene Kunstausbildung, etwa an einer Kunsthochschule; Auszeichnungen, Stipendien oder Preise; (Berufs-)Erfahrung; Ausstellungstätigkeit (besonders bei jurierten Ausstellungen); regelmäßige Verkäufe; Vorhandensein in privaten und öffentlichen Sammlungen, Stiftungen, Unternehmen, oder Museen, etc.; Galerievertretung; Lehrtätigkeit; Präsenz in der Presse, in Rundfunk, TV, Internet; Mitgliedschaften in künstlerischen Berufsverbänden; und anderes mehr. Wie genau aber welche Aspekte nun gewichtet werden, und welcher Faktor daraus folgt, ist nicht festgelegt. Am Ende entscheiden Sie. Bedenken Sie aber auch, dass wie beim Handwerk auch die Künstlerin Unkosten hat: Sie benötigt Atelierraum, in dem Strom, Wasser und Heizung vorhanden sein müssen, es gibt Materialien wie Farben, Leinwände oder andere Bildgründe, Tücher, Pinsel, Bunsenbrenner, Firnisse, Reiniger, etc., für die teils erhebliche Ausgaben entstehen. Die Zeit, die ein:e Künstler:in auf die Herstellung eines Werkes verwendet, ist ebenfalls in Rechnung zu stellen, so dass bei einem kleinen Künstlerfaktor trotz Verkauf oft die Unkosten nicht ausgeglichen werden. Angehenden Künstler:innen wird häufig geraten, einen Faktor von 4-5 als Untergrenze zu setzen, wenn noch keine Erfahrung vorliegt, keine Ausstellung stattgefunden hat, der oder die Künstler:in also vollständige Noviz:in ist. Absolvent:innen einer Kunsthochschule direkt nach Abschluss der Ausbildung und vor einer ersten Ausstellung wird manchmal geraten, einen Künstler:innenfaktor von nicht unter 10 anzusetzen, um die Qualität der Ausbildung im Künstlerfaktor abzubilden – doch ob das funktioniert, sprich: ob sich Käufer finden, die diesen Künstlerfaktor bei einer zwar ausgebildeten, aber ansonsten völlig unerfahrenen Künstlerin akzeptieren, kann nur der Markt zeigen. Im Bereich Plastiken und Skulpturen liegt der Künstlerfaktor stets höher; hier wird in der obigen Formel auch die Tiefe des Werkes mit hinzuaddiert. Mit zunehmender Erfahrung, Ausstellungstätigkeit und Bekanntheit wird sich dieser Faktor über die Jahre dann erhöhen. Dennoch ist auch hier keine eindeutige und klare Zuordnung eines bestimmten Faktors an einen bestimmten Künstler möglich. Am Ende ist es der Markt, der entscheidet: Gibt es Käufer, die bereit sind, den von der Künstler:in oder der Galerie festgesetzten Preis zu bezahlen? Die Sache verkompliziert sich noch dadurch, dass in den USA etwa oft eine andere Formel angelegt wird, nämlich nicht „Breite + Höhe“, sondern „Breite x Höhe“, jeweils mal dem Künstlerfaktor. Auch dieser wird in den USA etwas anders gehandhabt. Auch die Tatsache, dass diese Formel in keiner Weise die Herstellungsart, Technik und die damit gegebenenfalls verbundene notwendige Könnerschaft und den damit verbundenen Aufwand berücksichtigt, mag verdeutlichen, dass man es hier mit einem recht groben Instrument zu tun hat. Wenn Sie dennoch einmal testhalber rechnen möchten, so gibt es im Internet hier einen „Blitzrechner“ für den Künstlerfaktor bzw. Bild-/Skulpturenpreise. b) Der Sekundärmarkt großer Meister Bei Werken großer internationaler Meister wäre das Anlegen eines Künstlerfaktors völlig sinnlos. Hier existieren, großteils über Jahrzehnte hinweg relativ konstant, die Preise des Sekundärmarktes, die eben dieser Markt bestimmt und mehr oder weniger fix vorgibt. Zwar gibt es auch hier immer wieder Ãœberraschungen und Pendelausschläge nach oben wie auch nach unten, doch herrscht hier eine deutlich weniger überhitzte Kultur als auf den Sekundärmärkten lebender, junger Künstler. So wird Ihnen kein Händler eine der seltenen, zwischen 1908 und 1911 entstandenen kubistischen Graphiken von Georges Braque unter 30.000 Euro anbieten können – schlicht weil er dafür sehr wahrscheinlich selbst bereits mehr wird bezahlen müssen. Einen handsignierten Druck von Wassilij Kandinsky werden Sie, auch es nur eine streichholzschachtel-kleine Radierung sein mag, kaum unter 10.000 Euro erhalten, denn Ihr Galerist musste sehr wahrscheinlich selbst bereits mehr als diese Summe bezahlen, um Ihnen das Stück überhaupt anbieten zu können. Da solche auch kunsthistorisch interessanten Stücke nicht nur privat, sondern auch von Museen weltweit gesammelt werden, und bei historischen Exemplaren zudem die Zeit eine Rolle spielt (nicht alle Exemplare einer Auflage von, sagen wir 50 Blatt einer Lithographie überstehen zwei Weltkriege und andere Unwägbarkeiten der Geschichte, so dass von den ursprünglich 50 Blättern womöglich heute nur noch ein Teil überhaupt physisch existiert. Von diesem Teil wiederum ist nicht jeden Tag ein Exemplar auf dem Markt oder verkäuflich. Wenn dann einmal ein Exemplar zum Verkauf kommt, dann stellt sich die Frage nach dem Zustand: Ist dieser so, dass das Werk überhaupt noch verkäuflich ist, oder handelt es sich nur noch um die Ruine eines Kunstwerkes? Langer Rede, kurzer Sinn: Ihr:e Händler:in muss selbst -teils über viele Jahre- den Markt beobachten, um Ihnen ein seltenes Angebot unterbreiten zu können. Unikate, also Gemälde, aber auch Zeichnungen solcher Künstler:innen, deren Rang in der Kunstgeschichte überzeitlich außer Frage steht und die in jedem Lehrbuch der Kunstgeschichte genannt sind, verkaufen sich freilich noch einmal wesentlich teurer als die hier genannten Beispiele von Druckgraphiken, wobei es auch hier Abstufungen gibt, die zwar oft, aber nicht immer ausschließlich mit dem kunsthistorischen Rang des/der Künstler:in zu tun hat. Auffälliger Weise werden auch im kunsthistorisch bedeutsamen Bereich Kunstwerke, die von Frauen geschaffen wurden, oft zu deutlich niedrigeren Preisen gehandelt als die ihrer männlichen Pendants, obwohl sie diesen künstlerisch in nichts nachstehen. So wäre es sicher vermessen, behaupten zu wollen, dass etwa unter den Expressionisten des „Blauen Reiter“ ein, sagen wir, Franz Marc künstlerisch begabter gewesen wäre, oder ein Kandinsky nach Maßstäben künstlerischer Qualität „Besseres“ produziert hätte, als Gabriele Münter. Dennoch werden ihre Bilder zu einem Bruchteil des Preises gehandelt, den etwa Bilder ihres damaligen Lebensgefährten Kandinsky erzielen (ca. ein Zwanzigstel bis ein Zweihundertstel). Neben den Zuschreibungen von "Wert" durch Kunsthistoriker spielte auch die Selbstvermarktungs-Fähigkeit des Künstlers oder der Künstlerin selbst seit jeher eine besondere Rolle dabei, wie medienpräsent und verkaufsbegabt oder -willig Artisten waren. Wenn man dieselbe Schaffensperiode, dieselbe Technik und dasselbe Format annimmt, wird ein Werk von Picasso nahezu sicher ein mehrfaches eines Werkes von Braque erzielen, obwohl beide sich hinischtlich der kunstgeschichtlichen Bedeutung ihrer Innovationen in der Bildenden Kunst nichts nehmen. ​ Wie auch bei der Preisfindung auf dem Primärmarkt spielt schließlich auch auf dem Sekundärmarkt die Technik, in der ein Werk geschaffen wurde, eine Rolle: Eine Zeichnung, zumal eine rasch dahingeworfene aus dem Skizzenbuch, die nicht voll ausgeführt, sondern nur in wenigen Strichen angedeutet ist, erhalten Sie in der Regel günstiger als ein Aquarell derselben Künstler:in, das Aquarell wiederum ähnlich (oder leicht günstiger) im Preis wie eine Gouache, während Öl-, Acryl- oder Mixed-Media Kompositionen werden, ceteris paribus, der Tendenz nach den höchsten Preis erzielen. Das hat einerseits mit dem Aufwand, andererseits aber auch mit der Haltbarkeit des Kunstwerkes zu tun. Tempera oder auch eine empfindliche Gouache halten sich weniger lange und sind heikler in der Konservierung als ausgehärtete Ölfarben, und daher im Laufe des potenziell langen und komplexen Daseins eines Kunstwerkes daher anfälliger für Beschädigungen. Doch sowohl im Bereich der Druckgraphiken, wo die Preise für einen signiertes, frühen Druck von Warhol durchaus auch einmal bis 300.000 Euro oder mehr reichen können, als auch im Bereich der Unikate ist der kunsthistorisch bedeutsame Sekundärmarkt nicht gut für Spekulant:innen geeignet, die rasche Gewinne erzielen möchten, sondern kann eher als Gelegenheit für die längerfristige Wertanlage betrachtet (etwa wenn Sie eine Sammlung mit einem anderen Schwerpunkt als der Gegenwartskunst aufbauen möchten – zumal wenn Sie kunsthistorisch interessiert sein sollten). c) Der Sekundärmarkt für aktuelle Gegenwartskünstler:innen Der Sekundärmarkt für lebende, international en vogue befindliche Künstler ist ein hochspekulatives Feld, das stark von den Interessen finanzkräftiger, in der vergangenen Dekade häufig asiatischer, Investoren abhängt und in manchen Fällen recht offen manipuliert wird. Eine ganze Reihe von Gegenwartskünstler:innen zählt zu dieser Kategorie und wird aktuell global hoch gehandelt - nicht etwa, weil die globalisierten Kunstkenner sich einig über den künstlerischen Wert ihrer Werke wären, sondern weil finanzkräftige Investor:innen, oft ohne jeden Sinn für Kunst oder Ästhetik, solche Gegenwartskünstler:innen quasi qua Vertrag „günstig“ samt aller noch zu schaffenden Werke „kaufen“, um dann mit schierer Finanzmacht den Markt für eben diese überhaupt erst zu schaffen – und zu kontrollieren. So sind für solche Investor:innen extrem lukrative Gewinnmargen möglich, die noch über denjenigen liegen, welche an der Börse erzielbar wären. Es gibt also Werke, die aufgrund der Finanzkraft eines russischen, chinesischen oder US-amerikanischen Milliardärs und nicht oder zumindest weniger aufgrund ihres künstlerischen Gehalts gehyped werden, und die sich heute aufgrund absurd hoher Marktpreise globaler Prominenz erfreuen. Die Frage ist allerdings: Werden diese Werke auch in fünfzig oder hundert Jahren noch als maßgeblich gelten werden? Wird irgendeine Geschichte über die Kunst im 21. Jahrhundert noch die Namen der zugehörigen Künstler:innen kennen? Das wiederum ist höchst unsicher. Falls Sie also kein: kein:e Milliardär:in sind – insbesondere dann, wenn Sie den künstlerischen Wert des Angebotenen nicht nachvollziehbar erkennen können, dann muss auch hier die Faustregel lauten: Halten Sie sich und ihr Vermögen von diesem Marktsegment möglichst fern, auch wenn Ihnen Bekannte und Händler:innen einzelne Künstler:innen noch so schmackhaft als „super investment“ anpreisen mögen! Andererseits wiederum lebt dieses Marktsegment ja geradezu ausschließlich von den „success stories“, die es selbstverständlich auch gibt. Eine Gegenüberstellung von Verkaufspreisen veranschaulicht das Phänomen anschaulich: Geschichte Im September 2021 wechselte zum Beispiel bei Kornfeldt in Bern die aus kunsthistorischer Sicht herausragend wichtige Collage von 1913/-14 „Verres et Bouteilles“ (oder auch „Fourrures“) von Georges Braque den Besitzer. Zwar findet man ihr Abbild in zahlreichen Kunstlehrbüchern von Schulen und Hochschulen, doch das Werk selbst war zuvor in über 100 Jahren für die Öffentlichkeit insgesamt nur sieben Male zu sehen gewesen, nachdem sie aus der ursprünglichen Sammlung Daniel-Henri Kahnweiler 1923 in den Besitz des Bankiers Raoul La Roche übergegangen war, darunter sechsmal allein in den 1990er Jahren. Als 2021 das Werk nach fast einem Jahrhundert zum ersten Mal wieder auf den Markt gelangte, lag erzielte Preis noch unter dem Schätzpreis, bei nur 1,5 Millionen Franken. Im selben Jahr erklomm Mike Winkelmann alias „Beeple“, ein 42-jähriger Informatiker aus Wisconsin, den Olymp der drei am teuersten gehandelten lebenden Künstler:innen. Dies gelang ihm durch die Versteigerung eines NFTs (= eindeutiges, nicht teilbares Element einer Blockchain, das einen digitalen oder analogen Gegenstand repräsentiert) für sein JPEG-Bild dem Titel „The First 5000 Days“. Das Auktionshaus Christie’s, wo man Schlagzeilen in den vergangenen Jahren immer stärker zu suchen scheint, organisierte die Versteigerung. Die JPEG-Datei, die 5000 verkleinerte, von ihm zuvor über Jahre auf der Online-Platform Tumblr eingestellte und von ihm digital produzierte Bilder enthielt, wurde für über 69 Milionen Dollar verkauft. Selbstverständlich liegt der künstlerische Wert dieser 5000 Bilder, selbst als Summe der einzelnen Originale, nirgendwo auch nur in der Nähe dieser fast siebzig Mio. Dollar anzusiedeln – doch wo ein Käufer ist, existiert auch ein Markt. Nur wenige Wochen später wurde dieser Rekord allerdings erneut durch den Verkauf eines weiteren NFTs (von Murat Pak) gebrochen, der nach eigener Darstellung ebenfalls ein Programmierer ist, aber im Internet versucht, sich eine Banksy-ähnliche Legende mysteriöse Aura des „Wir-wissen-nicht-wer-das-ist-und-einige-vermuten-es-handele-sich-um-ein-Kollektiv“ zu geben. Einer seiner NFTs erzielte 202 rund 91 Millionen Dollar. ​ Der Sekundärmarkt für Gegenwartskunst zeigt sich oftmals, was die künstlerische Qualität von Arbeiten anlangt, sowohl bei Händler:innen und Galerist:innen, aber immer öfter auch bei Kurator:innen von Museen, buchstäblich maßstabslos; was hier ge-hype-d wird, hat oft wenig mit feststellbarer künstlerischer Qualität zu tun, so dass Einkäufe extrem spekulativ und zufällig werden; sie empfehlen sich am ehesten für betuchte Spieler:innen, denen es mehr um Geld als um Kunst geht, oder für absolute Fans einer derart gehandelten Künstlerin. Ansonsten ist dieser Markt ein wenig ratsames Spielfeld. Im Bereich zwischen 500 und 20'000 Euro werden Sie entweder als Spekulant:in auf der Suche nach "rising stars" auf Kunstmessen auf die Pirsch gehen, oder aber in ihrem Preissegment regional etablierte Künstler:innen antreffen, bei denen es höchst unwahrscheinlich ist, dass sie je einen mehr als regionalen Bekanntheitsgrad über das eigene Herkunftsland hinaus erlangen. In beiden Fällen wollen aber neben der Künstler:in auch noch die Mittler:innen, Händler:innen, Galerist:innen mitverdienen, was der Künstler:in nicht nutzt. Das Netz ist voll von hochbegabten Künstler:innen, die wunderbare Arbeiten schaffen und allesamt von einer Existenz als Künstler:in träumen, während bekannt ist, dass deutlich über 90 Prozent der Absolvent:innen von Kunsthochschulen nicht werden von dem Erlös ihrer Werke leben können... ​ Letzlich müssen Sie selbst entscheiden, ob Sie Kunst primär der Spekulation halber, der langfristigen Wertanlage wegen, oder der Liebhaberei und Leidenschaft für die Kunst wegen kaufen, und wie genau in solch einem Fall Ihre Anlagestrategie aussehen mag. ​ 9. Fazit: Fünf Faustregeln für Sie als mündige:r Kunst-Käufer:in Als mündige:r Käufer:in, die Sie nun sind, sollten Sie folglich neben Ihrem eigenen Geschmack bei Ihrer Kaufentscheidung primär auf vier weitere Dinge achten. 1. Geschmack: Ist das mein Bild? Fragen Sie sich, was Ihr Herz höher schlagen lässt. Welches sind die Werke, die Sie faszinieren, die Sie ansprechen? Wenn Sie eines oder mehrere solcher Werke gefunden haben, egal wo, dann fragen Sie sich, weshalb gerade diese Werke Sie ansprechen. (Diese Fragen sind nicht banal, sondern können dazu führen, dass Sie den Kriterien für ihre eigenen Vorlieben auf die Schliche kommen und am Ende Ihren eigenen Geschmack und sich selbst besser kennenlernen!). Im Anschluss daran können Schritte (2) bis (5) folgen. 2. Prüfung des Werkes selbst Haben Sie genau hingeschaut? Wenn Sie wirklich vertraut sind mit dem Werk der Künstlerin oder des Künstlers, werden Sie die meisten Fälschungen erkennen – entweder weil Sie schlicht wissen, dass das angebotene Werk nicht existiert, weil die Künstlerin es nie geschaffen hat, oder weil sie erkennen, dass es das angebotene Werk zwar gibt, aber nicht in dieser Form, auf diesem Papier, in dieser Technik, oder in dieser Größe. Während -insbesondere bei historischen- Gemälden oft aufwändige Labormethoden inklusive Materialanalysen von Farben, Leinwand und Rahmen sowie Infrarot- und/oder Röntgen-Untersuchungen erforderlich sind, um Original von Fälschung zu unterscheiden, hilft bei originalen Druckgraphiken – neben intimer Werkkenntnis – oft auch der direkte Augenschein. Nehmen Sie, wenn nötig, eine Lupe mit sich, um besser beurteilen zu können, ob es sich um ein Original oder eine Fälschung handelt. Wenn die „Originallithographie“ dann das Raster eines Offsetdruckes erkennen lässt, werden Sie das sehen. Die Prüfung sollte nicht nur das Bildmotiv selbst umfassen, sondern auch die Bild- und Blattgröße, die Papierart, die Auflagenhöhe, den Verleger, oder die Technik, in der eine Druckgraphik hergestellt wurde. Letztere weist fast immer charakteristische Merkmale auf, anhand derer Sie wichtige Indizien für die Authentizität des Angebotes gewinnen können. Auch die Stilanalyse, bspw. von feineren Details der Arbeits- und Darstellungsweise, Farb- und Formgebung sowie Motivik einer Künstlerin, ebenso wie der Vergleich mit anderen Werken aus derselben Schaffensphase, kann je nach Fall aufschlussreich sein und ein starkes Indiz für die Echtheit eines Werkes darstellen. 3. Herkunft schlägt Zertifikate Als Faustregel empfiehlt es sich, im Vorhandensein einer „Echtheitsgarantie“ oder eines „Zertifikats“ (englisch: “Certificate of Authenticity“ oder CoA) eher ein Grund zur Skepsis als eine Bestätigung Ihres Glaubens an die Echtheit eines Werkes zu sehen. Seriöse Händler werden Ihnen zwar eine Expertise oder Einschätzung, aber kaum eine Echtheitsgarantie ausstellen, denn hundertprozentige Sicherheit gibt es nur sehr selten. Seien Sie nicht schüchtern, sondern fragen Sie Ihre Händler:in ruhig, woher er oder sie das Angebot selbst bezogen hat. Das ist nicht anrüchig, sondern ein noch immer viel zu wenig praktizierter Standard. Noch immer rümpfen manche Händler die Nase angesichts solcher nur vermeintlich unbotmäßiger Fragen – dabei sind es gerade diese Fragen, die Ihnen Aufschluss über die Glaubwürdigkeit des Händlers und die Seriosität des Angebotes geben. Merke: Es ist nicht unanständig, sondern vernünftig, in einem Markt, der zur Hälfte aus Fälschungen besteht, Auskünfte darüber zu erbitten, weshalb Sie an die Echtheit gerade dieses Werkes glauben sollten, das Sie hier und jetzt vor sich sehen. Das ist Ihr gutes Recht als Käufer! Natürlich ist nicht alles gefälscht, nur weil Ihr Händler keine lückenlose Antwort geben kann, wie das Werk vom Künstler ein halbes oder ganzes Jahrhundert zuvor bis zu ihm gelangt ist. Aber seriöse Verkäufer werden kein Problem damit haben, Ihnen zu verraten, woher Ihre Ware stammt und die Gründe konkret zu benennen, weshalb sie selbst an die Echtheit des Werkes glauben, das sie Ihnen als echt anbieten. 4. Eintrag im Werkverzeichnis Der eindeutigste Beleg ist aber stets die Aufführung eines Werkes im entsprechenden Werkverzeichnis des Künstlers oder der Künstlerin – und zwar in der Form, Farbe, Größe und Technik, in der Sie das Kunstwerk vor sich sehen. Klar, auch das ist keine 100prozentige Garantie, denn die Erstellung eines Werkverzeichnisses ist ein extrem arbeitsintensiver Prozess, und einmal abgeschlossen – das wird jeder Autor eines solchen Verzeichnisses eingestehen – ist es sehr wahrscheinlich, dass nach Veröffentlichung doch noch neue Erkenntnisse zutage treten: Es mag sein, dass doch mehr Probedrucke eines Motivs existieren, als zuvor bekannt war, dass womöglich doch eine zweite Version eines Werkes oder Testdrucke mit zuvor nicht bekannter Farbgebung existieren. Aber die ganz überwiegend große Mehrzahl aller fraglichen Fälle werden Sie mit Hilfe eines Werkverzeichnisses authentifizieren können (vorausgesetzt natürlich, dass Technik, Papier, Farben, und andere Merkmale stimmen). Es ist daher ein guter Ausweis, wenn Ihr Händler Ihnen angeben kann, mit welcher Werknummer das Angebot, das er Ihnen unterbreitet, im einschlägigen Werkverzeichnis gelistet und beschrieben ist. Relativ selten ist noch der anzustrebende Idealfall, bei dem Ihr Händler Ihnen anbietet, zusammen mit dem verkauften Werk eine Kopie des entsprechenden Eintrags im Werkverzeichnis der Künstler:in mit zu liefern. Zudem gibt es gerade bei jüngeren oder aktuell lebenden Künstler:innen oft das Problem, dass noch gar kein Werkverzeichnis existiert, da der Schaffensprozess ja noch andauert, und auch zu bereits verstorbenen, weniger prominenten Künstler:innen existiert häufig kein Werkverzeichnis. 5. Preischeck Ist der Ihnen angebotene Preis fair? Im Bereich der Gegenwartskunst von begrenzt bekannten Künstler:innen (im Gegensatz zu international renommierten Künstler:innen, die auch von den weltweit führenden Top-Galerien vertreten werden wie Günter Uecker oder Gerhard Richter), die Ihnen angeboten werden, können Sie relativ einfach die altbekannte Preisformel „(B+H) x Künstlerfaktor = Preis“ überschlagen und schauen, ob der dabei angelegte Künstlerfaktor zu dem passt, was sie über dessen oder deren Qualifizierung und Lebenslauf wissen, sprich ob der angelegte Künstlerfaktor realistisch ist. Am Ende aber entscheidet, ob Ihnen das Kunstwerk so viel wert ist, wie Künstler:in und/oder Galerist:in verlangen. Auf dem Sekundärmarkt bekannter Meister der klassischen Moderne gibt es zwar eine Spanne, innerhalb derer Preise fluktuieren. Aber dort gibt es zumindest nach unten Grenzen, unterhalb derer Sie keine „Schnäppchen“ finden werden. Ebenso sollten Sie keine Fantasiepreise bezahlen, wie etwa die oben als „fliegende Händler“ besprochenen Scharlatane sie verlangen. Im Durchschnitt wird der amerikanische Markt für Künstler:innen des 20. Jahrhunderts etwas höher liegen als der europäische, während in Großbritannien nochmals höhere Preise bezahlt werden. Blockchain-Produkte der ersten Generation wie die von Beeple oder Pak jedoch werden auf längere Sicht ihren aktuell hohen Marktpreis kaum halten können – schon allein aufgrund ihres negativen ökologischen Fußabdrucks. Für die meisten Kunstliebhaber:innen wird gelten: Hochpreisige Einkäufe auf dem bizarr überhitzten Sekundärmarkt für Gegenwartskunst sind fast nie unproblematisch.